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Nord-Pfälzer Bergland (Teil 4): Nette Busfahrer in der Nordpfalz

Himmelsacker

Im knall­roten DB-Bus bin ich am frühen Mor­gen der einzige Fahrgast. Das Radio läuft. Ich bin auf dem Land. Am Ort­saus­gang steigt ein Schüler mit Biobuch unterm Arm ein. Er schmeißt sich in den Sitz schräg hin­ter mir, stemmt die Knie in die Rück­lehne vor ihm, stöpselt Musik auf die Ohren. Lin­ie 260 auf der Fahrt von Bad Sobern­heim an der Nahe nach Meisen­heim am Glan.

Die Straßen der Nordp­falz sind nicht nur kur­ven­re­ich, son­der auch schmal. Ein Auto bre­it; schätze ich. Kommt uns eines ent­ge­gen halte ich die Luft an; der kann doch gar nicht an uns vor­bei! Doch, kann er. Erst als ein Laster mit Gas­flaschen beladen auf der Gegen­spur passieren will, geht’s rechts ran.

Immer wieder steuert der Bus kleine Weil­er am Rand der Route an. Klap­pert die Hal­testellen ab, an denen jet­zt gegen halb 9 Uhr nie­mand mehr wartet. Bis zum Dor­faus­gang. Dann wen­det er das sper­rige Gefährt mit viel Geschick auf eng­stem Raum und fährt retour zur Haupt­strecke. Dann ste­hen doch Fahrgäste am Straßen­rand. Mit leisem Zis­chen öffnet sich vorne die Hydraulik­tür. Moie!”, ruft der junge Fahrer fröh­lich den Frauen zu, die nicht ein­steigen, son­dern nur die Kinder in den Bus set­zen. Habt er ach euer Fahrkat?” Meine Fahrkarte ist im Porte­mon­naie vorne im Ruck­sack.”, antwortet die Drei­jährige selb­st­be­wusst. Do gehärt se ach hin!”, erwidert der Fahrer zufrieden. Bremst. Legt den Rück­wärts­gang ein. Stößt langsam in die Seit­en­straße zurück. Gemäch­lich nimmt der Diesel nach dem 180 Grad Dreh wieder Fahrt auf.

Auf der Rück­fahrt durchs Dorf ste­hen Mut­ter und Oma schon an ihren Hoftoren. Winken dem Nach­wuchs hin­ter­her, den sie dem Fahrer anver­traut haben. Sie kön­nen sich auf ihn ver­lassen: In Meisen­heim hält der Mann direkt am Ein­gang der Kita, ruft das kleine Mäd­chen zu sich nach vorne, nimmt es an die Hand und bringt es sich­er bis ins Haus hinein. Danach set­zt er die Großen an der Schule ab. Alle Leute auf der Straße grüßen ihn. Ver­mut­lich ist er selb­st vor 10 ‑15 Jahren als Schüler diese Strecke gefahren. Man ken­nt sich hier im Kreis offen­sichtlich über die Orts­gren­zen hin­weg. Schließlich küm­mert er sich auch noch darum, dass die fremde Wan­derin ans gewün­schte Ziel gelangt. Wo wollen Sie denn raus?” In der Ortsmitte.” Wir sind hier mit­ten im Ort!” Ach so!” Mit Noti­zen beschäftigt, wäre ich beina­he nach Bad Sobern­heim zum Bahn­hof zurück gefahren. ;-)

Meisen­heim am Glan ist ein hüb­sches Städtchen mit his­torischem Ortskern. Ich kan­nte es bish­er nur vom Erzählen. Heute ist die Ver­bandge­meinde Aus­gangspunkt ein­er weit­eren Etappe mein­er Wan­derung durch die Nordp­falz. Ziel ist ein let­ztes Mal die Bahn­sta­tion Alsenz an der Alsenz, die ich heute aus östlich­er Rich­tung anpeile (105 Grad).  Über weite Pas­sagen geht es der Markierung des Pfälz­er Höhen­wegs nach. Über Call­bach und Ked­darter Hof (auf Sicht). Weit­er nach Schiers­feld. Die Schleife des Fer­n­wegs über Ober­moschel schnei­de ich ab; da war ich schon. Ab Schiers­feld ist der Kom­pass auf 45 Grad justiert, Rich­tung Nor­dost. Link­er Hand auf der Höhe passiere ich den Kahlforster Hof, sehe noch ein­mal die Moschel­lands­burg und stoße dann wieder auf den Pfälz­er Höhenweg.

Diese Route (16 km) ver­läuft rauf und runter (100 m / 378 m) über Wiesen- und Hohlwege, auf schmalen Pfad durch Eichen­haine (Schorr- und Holler­wald), auch mal über Asphalt durchs Dorf und auf den bre­it­en Feld­we­gen der Hochflächen. Immer wieder schweifen die Augen über das Berg­land. Auf den noch gel­b­grü­nen Getrei­de­feldern spie­len die Wolken Schat­tenthe­ater oder tauchen die Land­schaft mit bre­it­em Pin­sel­strich urplöt­zlich in ein sattes Ten­nis­platz­dunkel­grün. Win­dräder gedrängt auf eini­gen Höhen. Nicht ein­fach, einen unver­baut­en Blick zu ergattern.

Seit der Tour Mitte März ist der Früh­ling auch optisch ins Land gezo­gen. Viele Bäume tra­gen grüne Spitzen. Der Weiß­dorn duftet. Löwen­zahn, Buschwin­dröschen, ja selb­st die Schlüs­sel­blu­men blühen. Blauer Him­mel. Dazu das Zwitsch­ern der Vögel. Die Natur wird lebendig. Und ich habe wieder dieses merk­würdi­ge Nordp­falzti­er gehört. Einem hellen spitzen Schrei fol­gt ein heis­eres, krächzen­des Hus­ten. Ominös!

Heike Tharun

Autor:

Ich bin Heike Tharun. Unterwegs in den Mittelgebirge rund um meine Heimatstadt Mainz: Oberes Mittelrheintal, Nord-Pfälzer Bergland, Hunsrück, Taunus + in meiner zweiten Heimat: das Oberallgäu bei Oberstdorf, Bad Hindelang, Hinterstein. Ich bin leidenschaftliche Bergwanderin. Bergab-Floh und Bergauf-Schnecke. Ich kenne Höhenangst und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit schmerzendem Knie abzusteigen. Bei Problemen gebe ich nicht gerne klein bei, vor allem wenn mir etwas wichtig ist. Seit 6 Jahren gebe ich als Sportmental-Coach mein Wissen und meine Erfahrungen in Bergmut-Seminaren und -Coachings weiter. Auf Heimatwandern.de zeige ich Dir, wie Du auch mit hohem Sicherheitsbedürfnis mit den Herausforderungen der Berge/der Natur heimisch wirst ohne den eigenen Rhythmus aus den Augen zu verlieren. Du lernst Dein Potenzial abzurufen und mit Selbstvertrauen und Zuversicht in Deinem Lieblingsgebirge unterwegs zu sein! Abonniere meinen Bergmut-Brief, verschenke einen Bergmut-Gutschein oder bestelle fürs kulinarische Gipfelglück unser Buch aus dem Land der 1000 Hügel.

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