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Nord-Pfälzer Bergland (Teil 9): Wärme für den Winter sammeln

Katze badet in der Sonne.

Feine Net­ze hän­gen im Gras. Kreuz und quer von einem Kleesten­gel zum anderen haben Acht­bein­ler fil­igrane Fäden ges­pan­nt. Wie Perlen aufgerei­ht glitzern daran die Tautropfen im Mor­gen­licht. Ein Gewebe neben dem anderen in den Wiesen. Wie Nester. Sie sind das Werk von ganz jun­gen Spin­nen. An ihren Fäden lassen sie sich vom Wind fort­tra­gen, bis sie irgend­wo ein Quarti­er find­en, wo sie den Win­ter über­ste­hen kön­nen. Hier im Grün machen sie Zwis­chen­stopp? Über­nacht­en sie? Keine Ahnung.

An der Gren­ze zur Rhein­hes­sis­chen Schweiz laufe ich heute einen haar­ge­nauen Nord-Kurs: 0 Grad oder 360 Grad — wie man es sehen mag. Von Rock­en­hausen nach Alsenz (16 Kilo­me­ter). Über Würzweil­er, Hofer­hof, Bremicher­hof und Schmalfedler­hof. Die 9. Etappe mein­er Jahreswan­derung durch die Nordp­falz führt zurück; dor­thin, wo ich im Früh­ling ges­tartet bin. Der Wet­ter­bericht hat einen son­ni­gen, war­men Spät­som­mertag angekündigt. Ich will Wärme für den Win­ter sammeln.

Doch im Alsen­z­tal hängt Nebel. Mit sieben Son­nen am Him­mel bin ich in Mainz in den Zug gestiegen. Eine Stunde später, um 9 Uhr in der Früh, laufe ich durch ein herb­stlich­es Rock­en­hausen. Über dem Städtchen liegt dichter Hochnebel. Es wird gute 2 Stun­den dauern, bis die Sonne schließlich den Durch­bruch schafft.

Die ersten Kilo­me­ter gehe ich auf dem Pfälz­er Höhen­weg. In den let­zten Monat­en bin ich ihm immer wieder auf kurzen Abschnit­ten gefol­gt. Die weiße Wolke auf blauem Grund, seine Weg­marke, lotst mich ab Bahn­hof zuver­läs­sig auf den richti­gen Weg.

Die Sonne wärmt mir den Rück­en. Kurz vor dem Hofer­hof hat sie endlich den Nebel aufgelöst. Das weiß­graue Wabern weicht. Kon­turen tauchen auf. Der Hor­i­zont weit­et sich. Das Licht taucht die Hochfläche in sat­te Far­ben. Durch die Feuchte leucht­en sie inten­siv. Rot­braun, Gelb, Tan­nen­grün, Saft­grün, Dunkel­rote , Ock­er; über allem rhein­hes­sis­ches Him­mel­blau.

Durch altes Hofland wan­dere ich. Zwei, drei Häuser bilden einen Hof. In ein­er geschützten Mulde am Hang; oder mit­ten im offe­nen Land gele­gen. Außer Bauern auf Trak­toren ist kaum eine Men­schenseele unter­wegs. Manch­mal passiere ich zuerst den Fried­hof; draußen auf dem Feld, mit ein­er hüftho­hen Stein­mauer gefasst. Ich öffne das gus­seis­erne Tor. Trete ein. Auf der Bank mit Blick über weites Land raste ich. Die Gräber liegen weit­er hin­ten. Ich hoffe, die dort liegen, nehmen mein Ein­drin­gen nicht krumm. Bin froh, dass ich lebe! ;-)
Auf dem Brem­richer­hof tre­ffe ich nur die Tiere an: Einen braunen und einen weißen Ziegen­bock, die sich mit ihren Hörn­ern ger­ade um die weißen Ziegen­damen duel­lieren; an jed­er von Sonne gefluteten Stelle Katzen, im Stall Kühe, die mit Schlamm verkrusteten Beine des Wei­de­viehs ähneln meinen Hosenbeinen. ;-)

Auf weichen Wiesen­we­gen, fußfre­undlichen Erdp­faden und hin und wieder auf ver­schlafe­nen Land­sträßchen, die da und dort durch seichte Täler kur­ven, wan­dere ich durch eine kurzweilige Land­schaft. Außer dem Auf­stieg in Rock­en­hausen und dem Abstieg hin­unter nach Alsenz gibt es kaum nen­nenswerte Stei­gun­gen bzw. Gefälle zu bewälti­gen. Offene Felder mit Blick über die Höhen der Nordp­falz so weit das Auge reicht wech­seln sich ab mit kurzen Wald­pas­sagen, Wei­den, Bachauen und mit alten Bäu­men gesäumte Wege. So ganz anders als die von riesi­gen, kaum parzel­lierten, land­wirtschaftlichen Flächen und Asphalt geprägte Route der acht­en Etappe.

Lasse den Blick schweifen. Immer wieder bleibe ich ste­hen, drehe mich um die eigene Achse, präge mir dieses Land im Kopf ein. An beson­ders dun­klen Win­terta­gen werde ich in Gedanken diese Bilder rauskra­men; dabei einen leicht­en Wind auf dem Gesicht spüren, die Trak­toren tuck­ern hören, die feuchte Erde, das würzige Stroh riechen und mich an den Som­mer auf den Höhen der Nordp­falz erinnern.

Die vor­erst let­zte Etappe der Nordp­falz­tour plane ich von Hochstät­ten nach Norheim; über Mont­forter Hof und Feil­bingert. Am Ende dieser Jahreswan­derung wird es noch ein­mal durch meine 2. Heimat gehen.

+ + Etappe 9 – Nord-Pfälz­er Berg­land 2014  – Mittwoch, 17.9. – von Rock­en­hausen nach Alsenz, über Würzweil­er, Hofer­hof, Bremicher­hof und Schmalfedler­hof — 16 km, 384 hm Auf­stieg, 384 hm, höch­ster Punkt: 377 m, niedrig­ster Punkt: 173 m, Abstieg ++

++ ++ Karten: Westp­falz Nord – Blatt 1. Pfälz­er Berg­land mit Nahe –  Topographis­che Karte 1:25.000 – ISBN 978–3‑89637–412‑7++ ++

Heike Tharun

Autor:

Ich bin Heike Tharun. Unterwegs in den Mittelgebirge rund um meine Heimatstadt Mainz: Oberes Mittelrheintal, Nord-Pfälzer Bergland, Hunsrück, Taunus + in meiner zweiten Heimat: das Oberallgäu bei Oberstdorf, Bad Hindelang, Hinterstein. Ich bin leidenschaftliche Bergwanderin. Bergab-Floh und Bergauf-Schnecke. Ich kenne Höhenangst und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit schmerzendem Knie abzusteigen. Bei Problemen gebe ich nicht gerne klein bei, vor allem wenn mir etwas wichtig ist. Seit 6 Jahren gebe ich als Sportmental-Coach mein Wissen und meine Erfahrungen in Bergmut-Seminaren und -Coachings weiter. Auf Heimatwandern.de zeige ich Dir, wie Du auch mit hohem Sicherheitsbedürfnis mit den Herausforderungen der Berge/der Natur heimisch wirst ohne den eigenen Rhythmus aus den Augen zu verlieren. Du lernst Dein Potenzial abzurufen und mit Selbstvertrauen und Zuversicht in Deinem Lieblingsgebirge unterwegs zu sein! Abonniere meinen Bergmut-Brief, verschenke einen Bergmut-Gutschein oder bestelle fürs kulinarische Gipfelglück unser Buch aus dem Land der 1000 Hügel.

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