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Besser als wie nix: 220 Meter über Normalnull (Hiwweltour Neuborn)

Rommersheim Rheinhessen

Im Okto­ber wird es ruhig. Heute, Anfang Sep­tem­ber, mit­ten in der Woche wogt, wippt und knallt das pralle Leben in den rhein­hes­sis­chen Wein­ber­gen. Die Lese läuft auf Hoch­touren. Die Vollern­ter preschen durch die Rei­hen. Trak­toren düsen mit Kara­cho und den Trauben auf poltern­den Anhängern zum Hof. Vogelschreckschus­san­la­gen mal­trätieren die Gehörgänge.

Seit anderthalb Stun­den ist die Sonne über den Hor­i­zont. Es ist kurz nach acht am Mor­gen. Ich ste­he auf dem Bur­gun­der­turm. Altrosa gestrichen (also der Turm). Mit­ten im rhein­hes­sis­chen Reben­meer. Es ist diesig. Der Don­ners­berg im Süden nur schemen­haft zu erken­nen. Dafür zeich­net sich im Nor­den der Höhen­zug des Taunus deut­lich ab. Von weit­em sehr ent­fer­nt.”, sagte meine Oma, wenn sie, nach ein­er Bew­er­tung eines Bildes zum Beispiel gefragt, ins­ge­heim dachte Geht so.”, das aber so deut­lich nicht sagen wollte. Gefühlt zwei, drei Arm­län­gen nah dage­gen der Wißberg.

Schon so früh am Tag ist zu spüren, dass es ein heißer Spät­som­mertag wer­den wird. Als wir die Hiwwel­tour Neuborn das erste Mal gewan­dert sind, war es eiskalt. Ein Feiertagsaus­flug aufs Land. Der Boden gefroren. Die Reben standen nackt und starr unter einem blauen Him­mel in der glitzern­den Win­ter­son­ne. Das wird im Herb­st hier prachtvoll und anheimel­nd sein mit bun­tem Wein­laub und diesen Weit­sicht­en.”, waren wir im Gespräch und in Gedanken schon viele Monate dem Jahr voraus. Nun ste­ht der Herb­st vor der Tür; ach was, er ist ja schon da! Kalen­darisch. Ein Teil des Laubs ist bei der Hitze vertrock­net. Hier und da schon Fär­bung. Viele Blät­ter sind noch som­mer­grün. Aber es ist natür­lich im Sep­tem­ber wesentlich angenehmer über die rhein­hes­sis­chen Höhen zu gehen als damals. Da pfiff ein schar­fer Wind. Ger­ade weht ein angenehm tem­periertes Lüftchen über mein Gesicht. Der Okto­ber wird warm­far­bigfroh. Ich habe das so im Gefühl.

Die Hiwwel­tour Neuborn ist eine ver­gle­ich­sweise kurze Rund­wan­derung. Ger­ade­mal acht Kilo­me­ter und ein paar Zer­quetschte. Über die Dis­tanz in Summe 94 Meter rauf und 94 Meter runter. Der höch­ste Punkt liegt bei 220 Meter über Nor­mal­null. Also wenn ich daran denke, in welch schwindel­nden Höhen ich noch let­zte Woche stand, dann ist das hier absolutes Flach­land. Hiwwel eben. Von Bergen reden nur Träumer, so wie ich. Immer­hin: an der ein oder anderen Stelle steigen die Wege schon gut auf und ab. Wie son­st stünde man hier auf Anhöhen mit Blick­en ohne Ende. Da ja bekan­ntlich Ansicht­en rel­a­tiv sind: Die Hiwwel­tour Neuborn ist eine Berg­wan­derung. Für Fach­land- und Hügeltirol­er und Berg­wan­dern-Anfänger. Zum Ins-Schwitzen-Kom­men reichen die Anstiege allemal.

Wenn man die Runde so herum geht wie ich, wan­dert man im ersten Drit­tel in den Wein­ber­gen. Durch ein schmales Heck­en­tor gelangst Du in eine Senke und kommst an einem kleinen See raus; mit rosa Seerosen und Hage­but­ten­sträuch­ern an den Ufern. Am Feld, ent­lang ein­er Bau­mallee, erre­icht man Rom­mer­sheim. Ein entzück­endes Dör­fchen, das sich ver­schlafen in die Hiwwel­hänge kuschelt. Da und dort uralte Fach­w­erkhäuser. Gluck­sende Brun­nen. Ein Schild weißt zu ein­er Sche­une von Sechzehn­hun­der­tir­gend­was. Am anderen Ort­sende steigt der Hiwwelp­fad an. Es sei denn, Du hast die Weg­marke an der Ecke hin­ter dem Dixik­lo der momen­ta­nen Baustelle nicht ent­deckt. Dann steigt er auch an, aber in die falsche Richtung.

Das mit den Weg­marken auf den Pre­mi­umwe­gen ist eine feine Sache. Eigentlich. Aber ich weiß nicht warum, aber ich per­sön­lich überse­he gerne die kleinen Rich­tungspfeile und wan­dere regelmäßig zunächst in die falsche Rich­tung weit­er. Das Gute ist, Du merkst sehr schnell, dass hier was nicht stimmt, weil die Marken auf diesen zer­ti­fizierten Wegen total eng getak­tet sind. Sie erstaunt mich immer wieder aufs neue meine Dab­bis­chkeit. Ich kann sie nicht ver­winden, weshalb ich auf diesen Punkt notorisch zu sprechen komme, wenn es um Pre­mi­umwege geht.

Rom­mer­sheim liegt nun im Rück­en. Du, also ich ste­he ober­halb des Ortes mit ähn­lichem Panoram­ablick wie am Anfang. Steinkreuze aus grauer Vorzeit und eine Infotafel zum rhein­hes­sis­chen Pil­gerp­fad, der hier die Hiwwel­tour berührt, ste­hen hier auch. Auch eine Bank. Also vorher kommt man natür­lich auch an welchen vor­bei. Ab und an auch Tis­che und Bänke fürs Pausen­brot und den Wein, wenn jemand dran gedacht hat.

Dann Gärten, Felder, Wein­berge im Wech­sel und zum guten Schluss biegt die Tour in ein Wäld­chen ein. Über einen schmalen Pfad noch mal mod­er­at runter und mod­er­at wieder rauf und dann ste­ht die Wan­derin wieder am Aus­gangspunkt. Übri­gens: Auf den let­zten Metern kam ich an ein­er Waldgast­stätte mit Bier­garten vor­bei. Wichtige Sache für den Einkehrschwung am Ende.

Ich wan­dere ja nicht (nur) zum Spaß. Aso zu meinem. Zu dem von meinen Leserin­nen und Lesern schon. Das heute war eine Pre-Tour für zwei neue Kurse. Der Kurs Der Berg ruft!” dreht sich um Moti­va­tion und richtet sich an blutige Wan­der­an­fänger und Ungeübte.  Der zweite Kurs heißt Wan­dern und Fotografieren” und ist für Knipserin­nen und Knipser, die im Automatik­modus coole Wan­der­fo­tos machen wollen.  Im Okto­ber (Nachti­gall, ick hör dir trapsen! Meine Oma war Berliner­in.) find­en diese bei­den Kurse jew­eils im Rah­men ein­er Wan­derung auf der Hiwwel­tour Neuborn statt. Außer­dem auch im Rhein­gau und im Soon­wald. Die Ter­mine ste­hen unten.

Ich würde mich riesig freuen, wenn wir uns dort wieder­se­hen oder ken­nen­ler­nen! 220 Meter über Nor­mal­null sind doch bess­er als gar kein Berg, oder! :-)

 

 

Heike Tharun

Autor:

Ich bin Heike Tharun. Unterwegs in den Mittelgebirge rund um meine Heimatstadt Mainz: Oberes Mittelrheintal, Nord-Pfälzer Bergland, Hunsrück, Taunus + in meiner zweiten Heimat: das Oberallgäu bei Oberstdorf, Bad Hindelang, Hinterstein. Ich bin leidenschaftliche Bergwanderin. Bergab-Floh und Bergauf-Schnecke. Ich kenne Höhenangst und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit schmerzendem Knie abzusteigen. Bei Problemen gebe ich nicht gerne klein bei, vor allem wenn mir etwas wichtig ist. Seit 6 Jahren gebe ich als Sportmental-Coach mein Wissen und meine Erfahrungen in Bergmut-Seminaren und -Coachings weiter. Auf Heimatwandern.de zeige ich Dir, wie Du auch mit hohem Sicherheitsbedürfnis mit den Herausforderungen der Berge/der Natur heimisch wirst ohne den eigenen Rhythmus aus den Augen zu verlieren. Du lernst Dein Potenzial abzurufen und mit Selbstvertrauen und Zuversicht in Deinem Lieblingsgebirge unterwegs zu sein! Abonniere meinen Bergmut-Brief, verschenke einen Bergmut-Gutschein oder bestelle fürs kulinarische Gipfelglück unser Buch aus dem Land der 1000 Hügel.

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