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Ruhe

Trampelpfad-Fasten: Den Affengeist kalt machen

Ruhe

Seit vier Wochen faste ich den abendlichen Tram­pelp­fad von der Couch ins Bett und mache einen Umweg über die Med­i­ta­tion­s­mat­te. Heute erzäh­le ich etwas darüber, was sich beim Medi­tieren im Kopf und Kör­p­er verän­dert; durch die neu­ro­bi­ol­o­gis­che Brille betrachtet.

Wenn man sein Hirn ein­fach machen lässt

Wir haben die Wahl: entwed­er lassen wir unseren Gedanken freien Lauf oder wir steuern sie bewusst. Dass es dazwis­chen noch jede Menge Vari­a­tio­nen gibt, ist selb­stre­dend. Ich bleibe hier bei den bei­den Polen.

Wenn wir unser Gehirn unbeobachtet machen lassen, dann stellt sich automa­tisch ein Zus­tand ein, den die Bud­dhis­ten Affengeist nen­nen. Das Gehirn macht sich selb­st­ständig. Am lieb­sten beschäftigt es sich dann mit Din­gen, die wir irgend­wann mal ange­fan­gen haben zu denken und nicht abgeschlosse­nen haben, warum auch immer. Also alles was in die Kat­e­gorie Prob­leme“ fällt: Sor­gen, Äng­ste aber auch Ideen, Pläne, Neugierde. Der Affengeist-Modus ist ein völ­lig natür­lich­er Prozess.

Solange die To-Do-Schublade in unserem Gehirn über­schaubar gefüllt ist, ist alles ok. Prob­lema­tisch wird’s, wenn sie überquillt. Dann kriegen wir Stress im Kopf. Unsere Stresszen­trale im Gehirn springt an und aktiviert unsere natür­lichen Sicherungsmech­a­nis­men: Kampf oder Flucht. So ein Geis­teszu­s­tand ist ver­ständlich­er Weise keine opti­male Bedin­gung, wenn es ums Ein­schlafen geht.

Wenn man eine To-Do-Schublade im Gehirn hat, die sich beden­klich gefüllt hat, dann ist es keine gute Idee, sein Hirn ein­fach machen zu lassen und den Affengeist freie Bahn zu geben. Unter anderem stellen sich Ein­schlaf­prob­leme ein – wie bei mir. Wichtig: der Affengeist nährt sich nicht nur durch Sor­gen, Äng­ste oder Prob­leme. Er kriegt auch Zuck­er, wenn der Kopf auf zu vie­len Hochzeit­en tanzt. Bei Aktiv­itäten wie Ideen pro­duzieren, Pläne schmieden oder Din­gen neugierig auf den Grund gehen — an sich pos­i­tiv und kreativ aber halt zu viel auf einmal.

Den Affengeist kalt machen

Erin­nern Sie sich noch an den Song Die Affen rasen durch den Wald, der eine macht den andren kalt..”? Daran muss ich beim Affengeist denken. Wie krieg ich die Bande zur Ruhe? Es gibt ja eine Alter­na­tive zum Affengeist: die Gedanken steuern. Ein Weg führt über die Aufmerk­samkeit. Darüber und wie ich mit Medi­tieren diese Fähigkeit stärken kann*, habe ich im zweit­en Blog­beitrag zum Tram­pelp­fad-Fas­ten geschrieben.

Bei der Med­i­ta­tion richte ich meine Aufmerk­samkeit vom denk­enden, pla­nen­den, Ideen pro­duzieren­den Affengeist weg auf einen neu­tralen Reiz, wie zum Beispiel auf den Atem. Dadurch stelle ich mein Affengeist-Gehirn ruhig. Der Stresskreis­lauf wird unter­brochen. Ich schaffe sozusagen einen Ruher­aum für meinen Geist. Unsere kör­pereigene Schutztruppe zieht sich ins Feld­lager zurück: Kor­ti­sol­spiegel und Blut­druck sinken, der Herz­schlag ver­langsamt sich. Kopf und Kör­p­er kom­men zur Ruhe.

*Übri­gens: Wis­senschaftler haben die Gehir­nak­tiv­itäten von Medi­tieren­den unter­sucht. Mit ihren Aufmerk­samkeitsstu­di­en stell­ten sie fest, dass sich die Gehirn­fre­quenz verän­dert. Die Gehirn­wellen pen­deln sich auf einen Bere­ich ein, der mit Aufmerk­samkeit und Konzen­tra­tion in Verbindung gebracht wird (Gam­ma-Bere­ich). Das durch prak­tis­ches Tun und Erfahrung gewonnene Wis­sen der Bud­dhis­ten wird nun im Nach­gang mit wis­senschaftlichen Meth­o­d­en bestätigt.

Ist meine Bettge­hzeit eine alte Gewohnheit?

Unser Gehirn unter­schei­det nicht zwis­chen Fik­tion und Wirk­lichkeit. Mit anderen Wort: Es ist vorstell­bar, dass ich mir Müdigkeit einrede. Denken Sie nur mal dran, wie Sie voller Elan von der Couch auf­sprin­gen wür­den, wenn die Lot­tofee im Fernse­hen ihre Zahlen aufrufen würde. Da könne Sie vorher noch so sehr herum gegäh­nt haben. Plöt­zlich sind Sie hellwach. Etwas geht immer. ;-)

Ok, das ist jet­zt ein Beispiel, das ich an den Haaren her­beige­zo­gen habe. Aber wie komme ich darauf, dass meine Müdigkeit bzw. mein Wun­sch um die und die Uhrzeit ins Bett zu gehen einge­bildet sein könnte?

Ich habe in den let­zten Wochen beobachtet, dass mein Ein­schlafver­hal­ten schwankt. Wenn ich zwei Tage schlecht eingeschlafen bin, dann bin ich so müde, dass ich am drit­ten Tag ruck zuck ein­schlafe. Auch nach ein­er mehrstündi­gen Wan­derung geht abends das Ein­schlafen flott. Das hat mich auf den Gedanken gebracht, dass ich möglicher­weise zu mein­er gewohn­ten Bettge­hzeit noch gar nicht richtig [von Kopf bis Fuß] müde bin. Stich­wort gewohnte Bettge­hzeit“. Möglicher­weise war diese Zeit früher richtig, ist nun aber mit dem Älter­w­er­den zwar gewohnt aber nicht mehr adäquat.

In dem Buch Hirn­forschung und Med­i­ta­tion. Ein Dia­log.“ Von Wolf Singer und Matthieu Ricard habe ich gele­sen, dass das Schlaf­bedürf­nis sich mit dem Leben­salter verän­dert. Kinder brauchen mehr Schlaf als Erwach­sene. Die Wis­senschaftler erk­läre dieses Phänomen damit, dass Kinder mehr ler­nen müssen als Erwach­sene. Es beste­ht ein nachgewiesen­er Zusam­men­hang zwis­chen der Menge des benötigten Schlafs und der Menge der Neuigkeit­en, die ver­daut wer­den müssen.

Möglicher­weise ist meine Bettge­hzeitrou­tine über­holt. Das ist ein inter­es­san­ter Gedanke, dem ich prak­tisch auf den Grund gehen werde.

Sta­tus quo

Wie ist es mir in den let­zten bei­den Wochen ergan­gen? Also, ich bin drange­blieben und habe jeden Abend medi­tiert. Jet­zt schon 10 Minuten plus 5. Das heißt: 10 Minuten Medi­tieren, Streck­en, Rekeln, mein men­tales Schlafnest bauen [Hä? Wasn das? Erzähl ich im Abschluss­bericht!] und dann noch ein­mal 5 Minuten medi­tieren. Weit­er­hin gehe ich jeden Abend frei­willig auf die Mat­te. Kein­er­lei Moti­va­tion­sprob­leme in Sicht.

Inzwis­chen bin ich mit meinem Med­i­ta­tions-Train­ing beim Wech­sel von Fokus auf den Atem zu Aufmerk­samkeit auf Geräusche von außen angekom­men. Das fällt mir nicht leicht. Weil es bei mir abends in der Woh­nung, im Haus, rel­a­tiv ruhig ist. Stille aushal­ten ist eine echte Her­aus­forderung. Ich übe!

Jet­zt komm mal auf den Punkt, Heike! Was macht das Ein­schlafen? Erste Erfolge stellen sich ja immer sehr schnell ein, wenn man mit etwas vol­lkom­men neu begin­nt. Über diese Phase bin ich hin­weg. Mein Ein­schlafen schwankt zwis­chen akzept­abel bis obern­ervig. Von mor­gens kom­plett aus­geschlafen bis Augen­lid­er auf Halb­mast. Ins­ge­samt betra­chtet, meine ich eine Besserung festzustellen. Nach wie vor komme ich gut aus dem Bett (auch bei Halb­mast). Nach wie vor bin ich tagsüber konzen­tri­ert und fokusiert. Diese bei­den Aspek­te kön­nten aber auch mit meinem Sport und der damit regelmäßig aktiv­en Dopa­min­dusche zusam­men­hän­gen. Wie auch immer, diese Entwick­lung gefällt mir.

Um meine Gedanken zu steuern, muss ich etwas darüber wis­sen, was Gedanken bewegt und ich muss erken­nen, wann die Zeichen auf Sturm ste­hen. Die tägliche Med­i­ta­tion­sübung hat gebracht, dass ich meine Gedanken [aber auch mein Ver­hal­ten] bess­er im Blick habe. Dadurch erkenne ich schneller, wenn sich Tur­bu­len­zen ankündi­gen und kann frühzeit­ig gegen­s­teuern. Schneller wie vor dem Tram­pelp­fad-Fas­ten auf jeden Fall. Doch: Mein Gehirn­muskel ist kräftiger geworden!

Die näch­sten Schritte: Ab näch­ster Woche kommt eine neue Med­i­ta­tion­sauf­gabe: Akzep­tiere was ist“ Das klingt gut. Ich werde mit der Bettge­hzeit exper­i­men­tieren. Außer­dem baue ich dann doch mal die Mußeminuten in den All­t­ag ein, die Maren Schnei­der in ihrem Train­ings­plan [dem ich mehr oder weniger folge] empfiehlt.

Es bleibt also weit­er­hin span­nend! Mein Abschluss­bericht erscheint am 23. März bei Petras Anders-Machen-Fas­te­nak­tion im Blog.

Heike Tharun

Autor:

Ich bin Heike Tharun. Unterwegs in den Mittelgebirge rund um meine Heimatstadt Mainz: Oberes Mittelrheintal, Nord-Pfälzer Bergland, Hunsrück, Taunus + in meiner zweiten Heimat: das Oberallgäu bei Oberstdorf, Bad Hindelang, Hinterstein. Ich bin leidenschaftliche Bergwanderin. Bergab-Floh und Bergauf-Schnecke. Ich kenne Höhenangst und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit schmerzendem Knie abzusteigen. Bei Problemen gebe ich nicht gerne klein bei, vor allem wenn mir etwas wichtig ist. Seit 6 Jahren gebe ich als Sportmental-Coach mein Wissen und meine Erfahrungen in Bergmut-Seminaren und -Coachings weiter. Auf Heimatwandern.de zeige ich Dir, wie Du auch mit hohem Sicherheitsbedürfnis mit den Herausforderungen der Berge/der Natur heimisch wirst ohne den eigenen Rhythmus aus den Augen zu verlieren. Du lernst Dein Potenzial abzurufen und mit Selbstvertrauen und Zuversicht in Deinem Lieblingsgebirge unterwegs zu sein! Abonniere meinen Bergmut-Brief, verschenke einen Bergmut-Gutschein oder bestelle fürs kulinarische Gipfelglück unser Buch aus dem Land der 1000 Hügel.

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