Suche
Suche Menü

1000 Höhenmeter einfach (Übelhorn alias Grünten alias Wächter des Allgäus)

Blick zum Gipfelkreuz des Grünten.

The­o­retisch kön­nte man mit dem (e)Bike fast bis zum Gipfel fahren. Und dann im Galopp den let­zten Kilo­me­ter auf­fi sprint­en. Mit den dafür nöti­gen Muck­is in den Beinen. Und damit bin ich beim The­ma: Mir ste­ht der Sinn nach Höhen­metern zu Fuß. Mit Muskel-Antrieb. Ich bin zwar ein Bergab-Floh. Wenn es nach oben geht, werde ich schnell zur Bergauf-Sch­necke. Zu Hause im Mit­tel­ge­birge muss ich für 1000 Höhen­meter schon mal gute 25 Kilo­me­ter Dis­tanz gehen. Im Hochge­birge kriegt man die schon für weniger Strecke. Daher nutze ich die Zeit im All­gäu immer wieder gerne für Bergaufgeh-Train­ings“ unter realen Bedingungen.

Tauglichkeits-Check bestanden

Auf der Karte habe ich diverse Berge um Ober­st­dorf herum auf Tauglichkeit für eine Train­ings­tour gecheckt. Der Grün­ten (1737,9 m ü. NHN) scheint mir das per­fek­te Ter­rain. Es gibt mehrere Routen nach oben. Ich entschei­de mich für die Tour ab Ret­ten­berg (807 m ü. NHN) über Kranzegg Alpe und Grün­ten­haus: 5 Kilo­me­ter hin, 5 Kilo­me­ter zurück. Pi mal Dau­men 1000 Höhen­meter rauf und 1000 Höhen­meter runter. Der Start­punkt liegt in der Nähe meines Quartiers. Dieser Gipfel ste­ht noch auf mein­er buck­et list. Gebongt!

Mit dem Fokus auf so viel Bergauf wie möglich habe ich glück­licher­weise“ auf der Karte den Park­platz unter­halb der Alpe Kam­meregg überse­hen. Das Auto stelle ich daher auf dem Wan­der­park­platz am Fried­hof von Ret­ten­berg ab. Das macht ein Plus von 300 Höhenmetern!

Gut ausgeschildert, Schatten und Sonnenterrasse in spe

Mein Ziel ist von Anfang an gut aus­geschildert. An ein­er Kuh­wei­de ent­lang geht‘s runter zum Bach. Dann über eine Holzbrücke. Ide­al zum war­mge­hen. Dort folge ich weit­er dem Weg­weis­er. Vom bre­it­en Forstweg biege ich rechts ab in den Anstieg. Nach den ersten Höhen­metern geht der Puls nach oben. Kein Wun­der. Der Unter­grund ist uneben: wur­zlig, mit Stufen durch­set­zt. Der schmale Pfad steigt mod­er­at bis steilen Die Atmung wird inten­siv­er. Tem­po raus. Schritt für Schritt. Auss­chließlich durch Wald. Für den Schat­ten auf dieser her­aus­fordern­den Pas­sage bin ich dankbar! Es ist ein son­niger, heißer Som­mertag. Vor mir tut sich ein Bach­bett auf. Große Fels­brock­en erfordern etwas Krax­elei. Dann ver­läuft der Pfad unter­halb von ein­drucksvollen Fel­swän­den und mün­det schließlich unter­halb der Alpe Kam­meregg auf die Fahrstraße. Auf der Ter­rasse der Alpe sitzen am frühen Mor­gen schon die ersten Son­nenan­beter. Diese Einkehr merke ich mir für später! Schöne Motivation!

Abwechslungsreicher Untergrund

Nun begin­nt die Stei­gung auf glat­tem, erdi­gem Unter­grund. Offen. Voll in der Sonne. Nur ab und zu bieten Baum­grup­pen am Wegrand ein Fleckchen zum Dur­chat­men. Aber diese tech­nis­che Abwech­slung tut gut. Ich set­ze einen Fuß nach dem anderen und komme leicht in einen gle­ich­mäßi­gen, ruhi­gen Gehrhyth­mus. Nehme eine Kurve nach der anderen. Bis zum Grün­ten­haus. Das ist nicht bewirtschaftet! Also ein tiefer Schluck aus der eige­nen Trink­flasche. Der Aus­blick ist eine erste Belohnung.

Ab Grün­ten­haus geht es zunächst über eine alte Skip­iste weit­er. Es wird steil­er. Die zweite kör­per­lich mehr fordernde Pas­sage der Tour baut sich vor mir auf. Ein Wiesen­hang. Der ist über einen tief aus­ge­wasch­enen, aus­ge­trete­nen, mit Felsen und Stufen durch­set­zen Pfad erschlossen. 

Einfach mit aber”

Hier beobachte ich eine Szene, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht: Eine ältere Wan­derin mit Bein­schiene (!) und umfan­gre­ich­er Fotoaus­rüs­tung um den Hals plus dick­em Ruck­sack auf dem Rück­en.  Ihr Part­ner bugsiert sie wortre­ich und gestikulierend nach oben. Später wieder nach unten. Anders lässt sich die Szene nicht beschreiben. Offen­bar ver­leit­et die als ein­fach aus­gewiesene Tour doch den ein oder die andere zu zweifel­haften Exper­i­menten. Trittsich­er und vor allem beweglich sollte man schon sein für solch­es Ter­rain. Son­st wer­den diese gut 200 Höhen­meter zwar nicht unmöglich (keine Absturzge­fahr), aber ziem­lich beschw­er­lich. Und tat­säch­lich kommt es, wie es kom­men muss: beim Abstieg haut es die Dame tat­säch­lich der Länge nach hin.

Ich lasse die bei­den Aben­teur­er hin­ter mir. Noch zwei schmale Schleifen. Dann ste­he ich im Felsen. Ein seil­ver­sichertes Stück, eine kurze, ein­fache Leit­er, links rum, rechts rum und das Übel­horn mit dem markan­ten Denkmal ist zum Greifen nah. Nass­geschwitzt lasse ich mich auf der Sitzfläche nieder und klatsche inner­lich ab. High five!

Das Allgäu zu Füßen

Ha! Da ist es, das sagen­hafte 360-Grad-Panora­ma. Mit einem Rund-um-Blick ist klar, warum das Übel­horn alias Grün­ten als Wächter des All­gäus fir­miert. Ich füh­le mich wie auf dem höch­sten Punkt ein­er überdi­men­sion­ierten Reliefkarte. Das Iller­tal mit dem All­gäuer Alpen­haup­tkamm, Hoher Ifen im Klein­walser­tal, Wer­tachtal, Hörn­er­gruppe, Son­nenköpfe, Großer Alpsee, Nagelfluhkette, viele weit­ere Höhen, die ich bere­its erk­lom­men habe und im Süden lugt tat­säch­lich auch mein“ Hochvo­gel hervor. 

Blick ins Iller­tal. Am Hor­i­zont der All­gäuer Alpen Haup­tkamm. Rechts der markante Sende­mast. Nachts ist er die leuch­t­ende Lat­er­ne des Wächters des Allgäus.

Nur die bierselig lär­mende Män­nertruppe in ein­heitlichem Aus­flugs-T-Shirt vertreibt mich schließlich von diesem ein­ma­li­gen Aus­sicht­spunkt. Der Grün­ten ist halt auch ein Ausflugsgipfel.

Auspowern und genießen

Beim Abstieg kom­men mir tat­säch­lich die ersten Moun­tain­bik­er mit e“ ent­ge­gen. Schein­bar müh­e­los stram­peln sie bergauf. Nun gut. Von nix kommt nix. Ich bin ja eher der Typ Aus­pow­ern und genießen“.  Da habe ich mein Soll erfüllt. Zufrieden und beschwingt gehe ich ins Tal. Der kuli­nar­ische Genuss-Part wartet auf mich: ein küh­les Radler und von den Älplern geback­en­er Kuchen auf der bere­its erwäh­n­ten Sonnenterrasse!

Die beschriebene Route auf den Gipfel des Grün­ten ist eine geeignete Übungs­tour für ein Bergaufge­hen-Train­ing. Abwech­slungsre­ich­er Boden. Schat­ten­pas­sage zum Ein­stieg. Über­schaubare Dis­tanz mit ordentlichen, aber tech­nisch rel­a­tiv ein­fachen Höhen­metern. Der Super-Rund-um-Blick auf dem Gipfel und die schöne Einkehr in der Kranzegg Alpe auf dem Rück­weg sor­gen für reich­lich Leck­erlis für den inneren Schweinehund“!

In meinem Bergmut-Sem­i­nar Stress­frei bergauf und bergab (Trittsicher­heit)” üben wir Tech­niken für trittsicheres Bergabge­hen und für ressourcenscho­nen­des Bergaufge­hen. Und an diesem Tag schaf­fen wir es in der Regel — selb­st bei Men­schen mit Aus­rutsch-Angst — in den Kör­p­er” zu kom­men und ein erstes Ver­trauen in Beine und Füße anzubah­nen. Und erste gelin­gende, wohltuende Erfahrun­gen zu sammeln.

Ich bin Heike Tharun, Sport-Men­tal­coach mit über zehn Jahren Erfahrung. Meine Klien­ten kom­men mit Höhenangst, Trit­tun­sicher­heit und Ori­en­tierung­sprob­le­men zu mir.

Heike Tharun

Autor:

Ich bin Heike Tharun. Unterwegs in den Mittelgebirge rund um meine Heimatstadt Mainz: Oberes Mittelrheintal, Nord-Pfälzer Bergland, Hunsrück, Taunus + in meiner zweiten Heimat: das Oberallgäu bei Oberstdorf, Bad Hindelang, Hinterstein. Ich bin leidenschaftliche Bergwanderin. Bergab-Floh und Bergauf-Schnecke. Ich kenne Höhenangst und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit schmerzendem Knie abzusteigen. Bei Problemen gebe ich nicht gerne klein bei, vor allem wenn mir etwas wichtig ist. Seit 6 Jahren gebe ich als Sportmental-Coach mein Wissen und meine Erfahrungen in Bergmut-Seminaren und -Coachings weiter. Auf Heimatwandern.de zeige ich Dir, wie Du auch mit hohem Sicherheitsbedürfnis mit den Herausforderungen der Berge/der Natur heimisch wirst ohne den eigenen Rhythmus aus den Augen zu verlieren. Du lernst Dein Potenzial abzurufen und mit Selbstvertrauen und Zuversicht in Deinem Lieblingsgebirge unterwegs zu sein! Abonniere meinen Bergmut-Brief, verschenke einen Bergmut-Gutschein oder bestelle fürs kulinarische Gipfelglück unser Buch aus dem Land der 1000 Hügel.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.