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Nord-Pfälzer Bergland (Teil 2): Über die 1000 Hügel rüber ins bucklige Land…

Windräder wie an der Küste.

Der Rast­platz ist wie eine Son­nen­bank auf ein­er Ter­rasse. Ein­er Berghüt­ten­ter­rasse. Blauer Him­mel, Sonne bruzelt das Gesicht, leichte Brise, gedämpfte Töne. Der Blick schweift über san­fte Gipfel, die sich im Dun­st abze­ich­nen. Fühlt sich an wie Ski­urlaub. Aber der Specht klopft. Vögel zwitsch­ern. Trak­toren tack­ern. Es ist Früh­ling. Die Son­nen­bank ste­ht nicht in den Alpen, son­dern an einem Wal­drand im Nord-Pfälz­er Bergland.

Die Gren­ze zwis­chen Rhein­hes­sis­ch­er Schweiz rüber ins buck­lige Land ist über­schrit­ten. Nach der Herb­st­tour ent­lang der Gren­ze im Nor­den und im Jan­u­ar und Feb­ru­ar im West­en geht diese Wan­derung Anfang März wie geplant mit­ten hinein in die Nord-Pfalz.Von Für­feld über Win­ter­born und Kalkofen nach Alsenz an der Alsenz (12 km). Eine langsame Reise durch die Welt vor der Haustür hat begonnen.

Um 5 Uhr in der Früh bin ich aufge­s­tanden. Trotz aus­re­ichend Zeit­puffer kon­nte  die Ver­spä­tung der Bahn nicht wett gemacht wer­den. In Bin­gen fährt der Anschlusszug mit roten Lichtern davon. Nach ein­er Stunde Warten in Bad Kreuz­nach geht es dann ver­söhn­lich mit einem sehr net­ten Fahrer weit­er. Lässt einen späten Fahrgast noch an der roten Ampel ein­steigen und alle Kol­le­gen, die den Bahn­hof­s­platz ver­lassen, winkt er vor. In der war­men Mor­gen­sonne schaukelt der Bus übers Land. Dann schließen sich zis­chend die Türen hin­ter mir. Ich ste­he in Für­feld. Nach 3 Stun­den (für rund 50 Kilo­me­ter) ist der heutige Aus­gangspunkt erre­icht. Slow Trav­el“ erfordert Gelassen­heit und Geduld. In der Tat.

Diret­tis­si­ma geht es aus dem Dorf hin­aus auf’s Feld. Im Nor­den der Pfalzblick auf dem Eichel­berg. Im Osten die Tiefen­thaler Höhe. Der Kom­pass ist auf 210 Grad Süd/Südwest eingestellt. Steuere das Zwis­chen­ziel Win­ter­born an. So früh am Mor­gen glitzert noch der Tau im Gras. Die Für­felder Kirch­tur­m­glock­en schla­gen 9 Uhr.
Die Land­schaft löst sehr unter­schiedliche Assozi­a­tio­nen aus. Mal wähne ich mich auf einem wogen­den Hügelmeer. Leichte Brise. Den Bug leicht in den Wind gedreht, schiffe ich um Insel­berge und Laub­bau­moasen. Mein Kurs passiert einen Ein­siedler­hof, der wie auf ein­er Hal­lig ste­ht. Ziel­stre­bige Strom­maste haben ihn schon seit dem Dor­frand angekündigt. Win­dräder oben auf dem Kamm. Win­dräder drüben in Rhein­hessen. Wie an der Küste. Dann wieder entste­ht der Ein­druck auf einem Gletsch­er zu wan­dern. Man läuft zwar keine Gefahr in Spal­ten zu stürzen, aber dafür in schmale Gräben, in denen Strom­leitun­gen ver­legt wer­den sollen.

In Win­ter­born ist kein Men­sch auf der Straße. Nur Hunde hin­ter Hoftoren (zum Glück) schla­gen an. Am Ort­saus­gang ver­läuft die Tour ein kurzes Stück auf der Land­straße und biegt dann in den Wald ein. Der wird heute aufgeräumt. Äste, zer­sägte Stämme liegen kreuz und quer auf dem matschi­gen von schw­erem Gerät tief zer­furcht­en Weg. Die Motorsäge ist immer rechter Hand zu hören, weit­er unten in sicher­er Ent­fer­nung. Quer­feldein erre­iche ich besagten Wal­drand. Die Son­nen­ter­rasse mit dem sagen­haften Berg­panora­ma! Hier kön­nte ich glatt auf die Alpen verzicht­en! Kurs 230 Grad.

Kalkofen liegt idyl­lisch im Tal. Über einen Tram­pelp­fad der Ein­heimis­chen steige ich hin­unter. Ein let­ztes Mal den Kom­pass justieren: 240 Grad. Das Ziel ver­birgt sich noch hin­ter einem Bergrück­en. Wo es Buck­el runter geht, geht es logis­cher­weise auch wieder Buck­el hoch. Die kräfti­gen Schafe mit der dick­en Wolle scheinen über die Wan­derin zu staunen, die sich schnaufend zu ihnen rauf schafft. Jeden­falls habe die 5 unisono ihre Köpfe mir zu gedreht und lassen sich dann noch geduldig fotografieren. Als sie merken, dass bei diesem Job nichts Fress­bares rum kommt, drehen sie sich gelang­weilt ab.

Dann liegt Alsenz vor den Füßen. Die Abfahrt­szeit­en des Zuges im Kopf straffe ich nach einem Blick auf die Uhr das Tem­po. Auf dem Bahn­steig warten schon Alsen­z­er sehn­süchtig auf den Zug in die Stadt. Zwei Mäd­chen unter­hal­ten sich über Shop­ping, ein Geschenk für den Vater, der heute Geburt­stag hat, wird gebraucht, keinen Dun­st, was der sich wün­scht, die Schul­fahrt nach Kroa­t­ien, Farbe fürs neue Zim­mer, im Herb­st nach Berlin; ja und Frankre­ich im Som­mer nicht zu vergessen – so über­bi­eten sie sich gegen­seit­ig mit Reisezie­len, eins weit­er weg als das andere. Zu steigt auch eine junge Sol­datin mit großem Gepäck, mit iPhone in der Hand und eingestöpsel­ten Ohrhör­ern. Zurück in der Zivil­i­sa­tion. Die jun­gen Leute zieht es raus in die Welt. Dabei liegt sie doch vor ihrer Nase. ;-)

 

Heike Tharun

Autor:

Ich bin Heike Tharun. Unterwegs in den Mittelgebirge rund um meine Heimatstadt Mainz: Oberes Mittelrheintal, Nord-Pfälzer Bergland, Hunsrück, Taunus + in meiner zweiten Heimat: das Oberallgäu bei Oberstdorf, Bad Hindelang, Hinterstein. Ich bin leidenschaftliche Bergwanderin. Bergab-Floh und Bergauf-Schnecke. Ich kenne Höhenangst und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit schmerzendem Knie abzusteigen. Bei Problemen gebe ich nicht gerne klein bei, vor allem wenn mir etwas wichtig ist. Seit 6 Jahren gebe ich als Sportmental-Coach mein Wissen und meine Erfahrungen in Bergmut-Seminaren und -Coachings weiter. Auf Heimatwandern.de zeige ich Dir, wie Du auch mit hohem Sicherheitsbedürfnis mit den Herausforderungen der Berge/der Natur heimisch wirst ohne den eigenen Rhythmus aus den Augen zu verlieren. Du lernst Dein Potenzial abzurufen und mit Selbstvertrauen und Zuversicht in Deinem Lieblingsgebirge unterwegs zu sein! Abonniere meinen Bergmut-Brief, verschenke einen Bergmut-Gutschein oder bestelle fürs kulinarische Gipfelglück unser Buch aus dem Land der 1000 Hügel.

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