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Blau“ ist ein leichter Bergweg, oder? (Allgäuer Alpen)

Was den Schwierigkeits­grad von Abfahrten in den Alpen ange­ht, habe ich als Ski­fahrerin diese Bedeu­tung der Far­ben gel­ernt: Blau ste­ht für leichte Piste. Rot für mit­telschwere Piste. Schwarz ist eine schwere Piste. Diese Far­ben sind für den Alpen­raum ein­heitlich per DIN-Norm fest­gelegt.

Für Berg­wege gilt diese Def­i­n­i­tion eben­falls, dachte ich jeden­falls bis­lang. Immer­hin arbeit­en auch beliebte Wan­der­führer, wie z.B. der Rother mit den Blau-Rot-Schwarz-Kat­e­gorien bei der Ausweisung des Schwierigkeits­grades sein­er Wanderwege.

Da war ich wohl auf dem Holzweg. Neulich war ich im deutsch-öster­re­ichis­chen Gren­zge­bi­et unter­wegs. In den All­gäuer Alpen. Und ich staunte nicht schlecht, als ich vom Gren­zgänger-Chef Thi­lo Kreier ganz neben­bei erfuhr: Das Blau-Rot-Schwarz-Sys­tem der Skip­is­ten gilt zwar auch für Berg­wege in den Alpen, aber nicht 1:1 und nicht überall. 

D‘accord mit der Pis­ten­norm ist die DAV-Berg­wege-Klas­si­fika­tion, die für die meis­ten Alpen­we­gen in Öster­re­ich und in Deutsch­land gilt: Ein­fache Berg­wege wer­den blau markiert. Mit­telschwere Berg­wege wer­den rot markiert. Schwere Berg­wege wer­den schwarz markiert. 

Das Land Tirol bleibt in der Rei­he, verzichtet aber auf die Markierung von ein­fachen Wegen. Wen­det also nur die Kat­e­gorien Rot und Schwarz an. 
So weit, so gut. 

Eigene Sache machen zwei Regio­nen: Vorarl­berg in Öster­re­ich und in Deutsch­land … das bayrische All­gäu!

Da habe ich wirk­lich Bauk­lötze ges­taunt.
Diese Infor­ma­tion war mir neu.

Im Bayrischen All­gäu gilt auf weißen Schildern diese Ein­teilung: Leichte Berg­wege wer­den gelb aus­gewiesen. Mit­telschwere Berg­wege wer­den rot aus­gewiesen. Und jet­zt kommt’s: Genau ent­ge­genge­set­zt zur DAV-Ein­teilung – Memo: blau = ein­fach – ver­wen­den die All­gäuer in Bay­ern die Farbe Blau, um schwierige, anspruchsvolle Berg­wege zu markieren. 

Hin­ter­stein: Leichter und mit­telschwere Wege gemäß Klas­si­fika­tion des bayrischen Allgäus. 

Dass mir das bei einem mein­er All­gäu-Aufen­thalte noch nicht aufge­fall­en ist, wun­dert mich sehr. Möglicher­weise habe ich die far­blichen Ausze­ich­nun­gen auf den Weg­weis­ern nicht als Hin­weis auf den Schwierigkeits­grad wahrgenom­men. Im All­gäu wird oft mit einem Balken statt mit einem Punkt gearbeitet.

Weg­weis­er in den All­gäuer Alpen: Links auf dem weißen Schild, ist der Weg zum Geißhorn blau markiert. Wer die All­gäuer Klas­si­fika­tion nicht ken­nt, kön­nte auf die Idee kom­men, dass das eine leichte Tour ist. Rechts auf dem neuen Schild am Gren­zgänger ist der Weg zum Geißhorn unmissver­ständlich rot eingeteilt. Die Weg zum Geißhorn hat es in sich, sagt man.

Weg­weis­er sind ein Sicher­heits­fak­tor. Schon blöd, wenn ich unten im Tal auf einem ver­meintlich ein­fachen Weg, da blau markiert, starte und mich oben auf dem Kamm auf ein­er roten Route wiederfinde. 

Es wäre schon wün­schenswert, wenn zumin­d­est in den All­gäuer Alpen, also in Bay­ern und in Tirol eine ein­heitliche Ausweisung des Schwierigkeits­grades gel­ten würde. Damit Du nicht ver­wirrt bist, ständig grü­beln musst, wo Du bist und welche Markierung jet­zt ger­ade was bedeutet und aus Verse­hen auf einem Steig lan­d­est, dessen Anforderung Dich kom­plett über­fordert, wenn es ganz dumm läuft. Der Teufel ist ein Eichhörnchen!

Tat­säch­lich bewegt sich was! Ent­lang des neuen Etap­pen-Wan­der­weges Gren­zgänger, der im Ver­lauf ständig zwis­chen Bay­ern und in Tirol wech­selt, vere­in­heitlichen die Pro­jek­t­mach­er die kom­plette Weg­weisung inkl. Ausweisung der Schwierigkeitsgrade!

In Zukun­ft gilt in den All­gäuer Alpen — zumin­d­est ent­lang des Gren­zgänger-Weges, sein­er Abwege und Notab­stiege ein ein­heitlich­es Weg­weis­er-Sys­tem: gelbe Schilder, wie die Öster­re­ich­er sie ein­set­zen und das Tirol­er Sys­tem für den Schwierigkeits­grad gemäß DAV: Rot für mit­telschwere Berg­wege. Schwarz für schwere Bergwege.

Die neuen gel­ber Weg­weis­er am Gren­zgänger. Da wis­cht der Chef beim Vor­bei­wan­dern auch mal per­sön­lich kurz drüber. Bitte nicht mit der Stock­spitze drauf rum kritzeln!

Das ist eine anspruchsvolle Auf­gabe: Ins­ge­samt 242 Schilder wer­den auf der gesamten Gren­zgänger-Route aus­ge­tauscht. Das Wort aus­ge­tauscht“ macht natür­lich nach­den­klich, wenn man sich vor Augen führt, wo diese Weg­weis­er ste­hen: auf ein­er Höhe von 2000 Metern, ent­lang eines 80 Kilo­me­ter lan­gen Weges ober­halb von drei Tälern.
Da fährst Du nicht eben mal mit dem Klein­laster ran, um Schilder, Mate­r­i­al und Werkzeug an den Ort des Geschehens zu brin­gen. Noch nicht mal eine Seil­bahn ste­ht zur Ver­fü­gung, um die jew­eils 1,4 Kilo schw­eren Schilder zu ihren Stan­dorten zu brin­gen. Son­dern da sind Muskelkraft und Ruck­sack gefragt.
Der Schilder-Aus­tausch­er packt bei jed­er Tour 12 Schilder ein, trägt sie auf seinen Schul­tern den Berg hoch und mon­tiert sie am richti­gen Platz am Weges­rand. [Da fällt mir ein: Die alten Schilder müssen natür­lich runter vom Berg; also nix mit gemütlichem Abstieg.]. Örks.

Da fragt man sich als Laie, wie kriegen die das eigentlich hin, für jeden Stan­dort die richti­gen Weg­weis­er zu fer­ti­gen. Ich meine, die müssen was Schrift, Pfeile, Dis­tanzen und Schwierigkeits­grade ange­ht, ein­fach stim­men. Du kannst einen Weg­weis­er, der nach rechts zeigen soll, schw­er für die ent­ge­genge­set­zte Rich­tung ver­wen­den. Ja“, sagt der Thi­lo, da gibt es eine Geo-Daten­bank in der alle Weg­weis­er-Stan­dorte und alle Weg­weis­er erfasst sind.“ Daten­bank! Da kenne ich mich aus. Wenn die ordentlich gepflegt ist, fresse ich einen Besen. Tja“, gibt der Thi­lo zu, des kommt scho maaal­ll vor, dass der Schilder-Aus­tausch­er oben am Berg ankommt und fest­stellt, dass des Schild net passt. Da kannst Dich warm anziehen, wenn der dann vor Dir im Büro ste­ht.“ Okeeeeee.

Für den Aus­tausch sind zwei Jahre oder bess­er zwei Mal drei Monate im Som­mer in 2019 und 2020 veranschlagt. 

Damit sich der ganze Aufwand lohnt, sind die Gel­ben vom Gren­zgänger aus Met­all, fünf Mil­lime­ter dick und mehrfach lasiert. Also fast für die Ewigkeit gemacht; und die dauert, obwohl geset­zlich nur 10 Jahre Halt­barkeit vorgeschrieben sind, im Gren­zgänger-All­gäu sage und schreibe 25 Jahre!

Mit den Gel­ben stochert es sich leichter im Nebel. Kas­ten­joch auf 1865 Metern.

Zumin­d­est ent­lang der Staats­gren­zen in den All­gäuer Alpen sind ein­heitliche Weg­weis­er bald Wirk­lichkeit und machen so das Wan­dern dort ein Stück sicher­er. Das gefällt mir und ich sage danke, für diese Investi­tion! Die 40 Euro pro Schild sind wirk­lich sin­nvoll angelegt!

Gel­ernt habe ich aus dieser Geschichte: Ver­traue nicht auf gel­ernte Muster oder Sys­te­men in Wan­der­führern (die kön­nen unab­hängig vom Sys­tem vor Ort sein), son­dern bleibe aufmerk­sam und informiere Dich vor­ab, wie die Schwierigkeits­grade in Dein­er Wan­der­re­gion in den Berge aus­gewiesen wird. Damit bist Du immer auf der sicheren Seite!

Klare Ansage. :-)

Übri­gens: Der Deutsche Alpen­vere­in veröf­fentlicht auf sein­er Seite die Bedeu­tung der einzel­nen Kat­e­gorien im Einzel­nen. Dort find­est Du auch die Skala der Schwierigkeits­grade für Berg­wege des Schweiz­er Alpen­vere­ins und eine Über­sicht, welche weit­eren Bergre­gio­nen von der DAV-Kat­e­gorisierung bei der Markierung der Schwierigkeits­grade abweichen.

Heike Tharun

Autor:

Ich bin Heike Tharun. Unterwegs in den Mittelgebirge rund um meine Heimatstadt Mainz: Oberes Mittelrheintal, Nord-Pfälzer Bergland, Hunsrück, Taunus + in meiner zweiten Heimat: das Oberallgäu bei Oberstdorf, Bad Hindelang, Hinterstein. Ich bin leidenschaftliche Bergwanderin. Bergab-Floh und Bergauf-Schnecke. Ich kenne Höhenangst und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit schmerzendem Knie abzusteigen. Bei Problemen gebe ich nicht gerne klein bei, vor allem wenn mir etwas wichtig ist. Seit 6 Jahren gebe ich als Sportmental-Coach mein Wissen und meine Erfahrungen in Bergmut-Seminaren und -Coachings weiter. Auf Heimatwandern.de zeige ich Dir, wie Du auch mit hohem Sicherheitsbedürfnis mit den Herausforderungen der Berge/der Natur heimisch wirst ohne den eigenen Rhythmus aus den Augen zu verlieren. Du lernst Dein Potenzial abzurufen und mit Selbstvertrauen und Zuversicht in Deinem Lieblingsgebirge unterwegs zu sein! Abonniere meinen Bergmut-Brief, verschenke einen Bergmut-Gutschein oder bestelle fürs kulinarische Gipfelglück unser Buch aus dem Land der 1000 Hügel.

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